Beschreibung

Nachdem im Zweiten Weltkrieg die ursprüngliche Verglasung der drei Chorfenster in der Matthäuskirche in Winterhunde zerstört wurde, erstellte Charles Crodel im Laufe eines Jahrzehnts eine umfangreiche, 16 Fenster umfassende Neugestaltung. In den Jahren 1962–63 entstanden die drei rundbogigen Chorfenster. Die Emporenfenster und die Fenster unter der Orgelempore wurden 1969, die übrigen Sei­tenfenster schließlich 1971 eingebaut.

Das linke Apsisfenster präsentiert die Schöpfung bis hin zur Vertreibung Adams und Evas aus dem Garten Eden. Im Mittelfenster wird die Erlösung der Menschen durch Jesus Christus dargestellt, im unteren Bereich noch trüb, nach oben hin zunehmend strahlend und hoffnungsvoll. Das rechte Apsisfenster verweist auf das Himmlische Jerusalem als künftigen Lebensraum der Seligen. Am unteren Bildrand sind die fünf klugen und die fünf törichten Jungfrauen vor dem Tor zu sehen.

Die beiden großen Emporenfenster von 1969 sind eher ornamental gehalten und zeigen musizierende Engel. Unterhalb davon befinden sich auf beiden Seiten je vier kleine, nahezu quadratische Fenster. Auf der einen Seite sind zu sehen: die zehn Gebote, der Tanz um das goldene Kalb, der Durchzug durch das Rote Meer und die Knechtung des Volkes Israel in Ägypten. Auf der gegenüberliegenden Seite sind Szenen rund um den Verlorenen Sohn zu sehen: der Abschied des verlorenen Sohnes, Der Sohn vergeudet sein Erbteil, Heimkehr und Verzeihung sowie Das Festmahl.

Weitere Fenster auf der Empore zeigen ebenfalls lobpreisende Chöre von musizierenden Engeln.

Zwei Fenster unter der Orgelempore rechts zeigen Noah in seiner Arche, umgeben von einem gelblichen Blätterwald sowie die Taube mit dem Ölbaumzweig. Zwei Fenster unter der Orgelempore links ist ein ähnlicher Blätterwald in grünlicher Färbung zu sehen.

In allen Fenstern zeigt sich, dass Charles Crodel eine Vielzahl von Bildern miteinander kombiniert und neue Zusammenhänge und Sinnbilder erstellt, sodass eine klare Entschlüsselung schwierig ist.

Werkstatt: August Wagner (Inhaber: Hans W. Wagner), Berlin


Künstler/in

Charles Crodel
* 16.09.1894 in Marseille, Frankreich – † 28.11.1973 in München

Carl Fritz David „Charles“ Crodel wurde am 16. September 1894 in Marseille geboren. 1914 begann er ein Studium bei Richard Riemerschmid an der Kunstgewerbeschule in München, wo er bereits erste Glasmalereien und Glasmosaiken schuf. Nach dem Ersten Weltkrieg studierte er an der Universität Jena Klassische Archäologie sowie Kunstgeschichte. 1920-28 war er Vorstandsmitglied des Jenaer Kunstvereins. 1921 erwarb er den Gesellenbrief im Lithographen- und Druckereihandwerk bei der Handwerkskammer Weimar. Nach einem Parisaufenthalt 1926 mit Gerhard Marcks und dem Besuch der Académie de la Grande Chaumière wurde er Anfang 1927 als Lehrer für Malerei und Graphik an die Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein berufen. 1930 erhielt er den Albrecht-Dürer-Preis der Stadt Nürnberg. 1931 erhielt er den Villa-Romana-Preis in Florenz. 1933 wurde er aus dem Lehramt und als Werkstättenleiter entlassen, es folgten die Entfernung und Zerstörung vieler seiner Werke. 1945 wurde er an die Hochschule für angewandte Kunst in Dresden berufen und lehrte bis 1951 erneut an der Burg Giebichenstein. 1951-63 lehrte er an die Akademie der Bildenden Künste München. Dort wurde er Mitglied des Deutschen Werkbundes und des Deutschen Künstlerbundes. 1958–65 hatte er zudem Gastprofessuren in den USA. Zuletzt unterrichtete er noch bis zu seinem Tode an der Münchener Kunstfachschule für Bühne und Mode. Er schuf zahlreiche Altäre, Glasmalereien, Wandmalereien und Keramiken in vielen Orten Deutschlands. Seine Bildfenster und baubezogene Keramiken für mehr als 150 Kirchen werden zu bedeutendsten Bildschöpfungen der Moderne in Deutschland gezählt. Charles Crodel starb am 28. November 1973 in München.

Weitere Informationen (extern):Wikipedia Kunst@SH

Literatur: AKL, Band 22, 1999. Maike Bruhns, Crodel, Charles (Carl), in: Der neue Rump. Lexikon der Bildenden Künstler Hamburgs, Altonas und der näheren Umgebung, Neumünster 2013.


Die Kirche

Matthäuskirche
Gottschedstraße 17, 22301 Hamburg-Winterhude (HH)

Die Matthäuskirche in Winterhude wurde 1911–12 nach Entwürfen von Julius Faulwasser in neobarocken Bauformen erbaut. Die Kirche nimmt mit dem Grundriss des griechischen Kreuzes auf. Kriegsschäden behob man vereinfachend. 1961–71 entstand das den Kirchenraum prägende farbige Fensterwerk von Charles Crodel. Der Altarrraum wurde 2011-12 durch Annette Streyl neu gestaltet.

Weitere Informationen (extern):Website Wikipedia

Nordkirche     Kirchenkreis Hamburg-Ost     Kirchengemeinde Winterhude-Uhlenhorst     Hamburg-Winterhude, Matthäuskirche    


Routenplaner: 53.5889, 10.0107


Fotos: Jan Petersen / Kunst@SH, 2021