Beschreibung
In der Vicelinkirche in Norderstedt befindet sich das mehrteilige Buntglasfenster der klugen und törichten Jungfrauen von Anna Andersch-Marcus. Das Gleichnis (Mt. 25) berichtet, dass die Jungfrauen auf dem Weg zu ihrer Hochzeit und zu Jesus sind. Die fünf klugen Jungfrauen nehmen nicht nur ihre Öllampen mit, sondern auch Ersatzöl. Die fünf törichten nicht. Während die klugen Jungfrauen Jesus mit aufrechten, brennenden Öllampen erwarten, haben die törichten bei Jesus Ankunft kein Öl mehr. Anna Andersch-Marcus arbeitete die Motive in acht Fenstern 1958 für die Paul-Gerhardt-Kirche. Beim Umbau des Kirchensaals zum Kindergarten 1974–75 wurden die Fenster ausgebaut und eingelagert. Als die Vicelinkirche Fenster für den eigenen Kirchenraum suchte, erinnerte man sich an die eingelagerten Fenster. Es waren aber nur noch sechs der acht Fenster auffindbar. Ursprünglich lagen sich je vier Fenster einander als paralleler Weg gegenüber. Nun sind die sechs verbleibenen Fenster nebeneinander gereiht, wodurch die ursprüngliche Abfolge nicht mehr eingehalten ist, zudem ist das sechste Fenster von der Orgel nahezu vollständig verdeckt. Heute markieren die leuchtend gelben Fenster in der Mitte den Moment der Entscheidung, ob man der Gruppe nach links mit den klugen Jungfrauen oder jener nach rechts mit den törichten folgt.
Künstler/in
Anna Andersch-Marcus* 29.05.1914 in Kiel – † 11.04.2005 in Jerocham, Israel
Anna Andersch-Marcus wurde am 29. Mai 1914 in Kiel als Anna Nagel geboren. 1931-35 besuchte sie die Technische und kunstgewerbliche Fachschule in Kiel bei Werner Lange, dann die Graphische Fachschule Berlin. Die Nationalsozialisten erteilten ihr Studierverbot, konfiszierten 20 ihrer expressiven Holzschnitte und schlossen sie aus dem Deutschen Künstlerbund aus. 1935-38 nahm sie Privatunterricht bei dem Tiermaler und Zeichner Jakob Friedrich Bollschweiler. Nachdem sie 1938 aus Berlin floh, lebte 1939-68 in Hamburg-Finkenwerder. Dort lebte sie in den ersten Jahren unter Polizeiaufsicht. Zu ihrem Schutz wurde sie als verrückte Künstlerin ausgegeben und deshalb toleriert. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt sie zahlreiche Aufträge u.a. für die Gestaltung von Buntglasfenstern in Kirchen und Synagogen und für Wandmalereien. Sie schuf grafische Arbeiten, später auch Landschafts- und Architekturbilder mit abstrahierenden Formen. 1969 siedelte sie nach Israel über. Anna Andersch-Marcus starb am 11. April 2005 in Jerocham in Israel.
Weitere Informationen (extern):Wikipedia Kunst@SH
Literatur: AKL, Band 3, 1992. Maike Bruhns, Andersch-Marcus, Anna, in: Der neue Rump. Lexikon der Bildenden Künstler Hamburgs, Altonas und der näheren Umgebung, Neumünster 2013.
Die Kirche
ehem. Vicelinkirche
Immenhorst 3, 22850 Norderstedt (SE)
Die Vicelinkirche in Norderstedt-Harksheide wurde 1962–63 als Gemeindezentrum erbaut. Die Schließung und der Verkauf oder Abriss der Kirche sind geplant.
Weitere Informationen (extern):Website
Nordkirche Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein Kirchengemeinde Vicelin-Schalom Norderstedt Norderstedt, ehem. Vicelinkirche
Routenplaner: 53.68675, 10.00599
Fotos: Jan Petersen / Kunst@SH, 2022